Viele Brandmanager und Marketingfachleute bei den großen Pharma-Konzernen sind für die Region Deutschland/Österreich/Schweiz zuständig, kurz DACH. Und natürlich ist in diesem gesamten deutschsprachigen Raum Deutschland der größte Pharma-Werbemarkt, also der Markt mit den meisten geschalteten Werbeanzeigen, den meisten Fachmagazinen für die Branche sowie den größten Werbespendings. Lässt sich daraus aber auch die Hypothese ableiten, dass die deutschen Niederlassungen der Pharma-Unternehmen alle Kampagnen vorgeben und diese unverändert im gesamten deutschsprachigen Raum ausgespielt werden? Wie eigenständig sind Österreich und die Schweiz in Sachen Pharma-Werbung? Deutschland – Österreich – Schweiz: Werbeanzeigen im Ländervergleich (faktenschmied.de)
Kommentar
Der Ländervergleich verschiedener Anzeigensujets für verschreibungspflichtige Medikamente auf einer öffentlichen Webseite ist aus drei Aspekten rechtlich zu beleuchten:
1. Man muss sich überlegen, inwieweit das mit den arzneimittelrechtlichen Werbebeschränkten konform geht.
2. Darüber hinaus stellt sich ein Thema, inwieweit es urheberrechtliche zulässig ist, die Werbesujets zu „kopieren“.
3. Drittens muss der Sachverhalt aus Sicht des Wettbewerbsrechtes beleuchtet werden. Auch wenn man selbst kein Mitbewerber ist, kann man – theoretisch – durch Produktvergleiche in den Wettbewerb Dritter zugunsten oder zulasten des ein oder anderen Teilnehmers eingreifen.
ad Arzneimittelrecht:
Tatsächlich gibt das AMG (§§ 50ff) sehr strenge Werbebeschränkungen vor. Insbesondere dort, wo sich Werbung an Laien richtet.
Die Grundvoraussetzung ist aber, dass Werbung im Sinne einer Absatzförderung betrieben wird (vgl. ausdrücklich § 50 Abs 1 AMG). Und hier ist bereits der Angelpunktpunkt: Im Vergleich der Sujets wird nämlich keinesfalls Absatzförderung, für die in den verglichenen Werbesujets beworbenen Produkte betrieben. Es handelt sich um eine wissenschaftliche oder zumindest journalistische Auseinandersetzung mit den Werbemaßnahmen für sich, ohne hier auch nur ansatzweise ein Kaufanreiz im Sinne einer Absatzförderungsabsicht transportieren zu wollen. Vielmehr geht es hier um eine Analyse der Werbemaßnahmen an sich.
Zwischenfazit: arzneimittelrechtlich grünes Licht
ad Urheberrecht:
Die verglichenen Werbesujets sind eine Kombination aus Bild- und Sprachelementen. Nachdem das Urheberrecht schon sehr „früh“ greift (es bedarf keiner besonderen Werkhöhe und auch der Zweck der Gestaltung ist völlig egal) müssen wir davon ausgehen, dass es sich bei den Werbesujets um urheberrechtlich geschützte Werke handelt. Damit dürfen diese aber nicht ohne weiteres vervielfältigt und verbreitet werden.
Allerdings erlaubt das Urheberrecht im Rahmen des Zitats eine freie Werknutzung. In der Regel ist ein Zitat aber nur auf Ausschnitte beschränkt. Die Übernahme eines kompletten Werkes ist nur in wissenschaftlichen Werken erlaubt.
Glücklicherweise haben die Tageszeitungen aber schon vor bald 20 Jahren das Recht für „gewöhnliche“ Medien erstritten, ebenfalls komplette Werke zitieren zu dürfen, wenn diese zur Ausübung der Meinungsäußerung – und Pressefreiheit erforderlich ist. Das wird dann bejaht, wenn man sich z.B. mit einem Werk kritisch auseinandersetzt.
Und das wiederum ist hier ohne jeden Zweifel der Fall. Es werden Gebrauchswerke, nämlich Werbesujets, verglichen, um darauf gewisse Schlüsse abzuleiten. Ein Vergleich, ohne die Werbesujets ganz zu zeigen, wäre völlig sinnlos. Es ist daher zur Ausübung der Meinungsäußerungsfreit nicht nur notwendig, sondern geradezu unumgänglich, dass die verglichenen Werke komplett wiedergeben werden.
Die Erkennbarkeit als Zitat steht außer Zweifel. Es ist klar, dass es sich dabei um „Fremdsujets“ handelt.
Zwischenfazit: auch urheberrechtlich grünes Licht.
ad Wettbewerbsrecht:
Hier hat sich in den letzten Jahren immer wieder die Frage gestellt, inwieweit ein „Warenvergleicher“ in den Wettbewerb eingreift. Letztlich hat sich die Judikatur herausgebildet, dass ein Vergleich wettbewerbsneutral ist, wenn die Tätigkeit des Vergleiches objektiv klar im Vordergrund steht, und eine allfällige Förderung des „Testsiegers“ lediglich ein Beiprodukt ist.
Und genau ist hier entscheidend: Es geht nicht darum, die beworbenen Produkte zu vergleichen, sondern nur darum, zu vergleich, wie diese beworben werden. Damit ist eine Förderungsabsicht nicht nur im Hintergrund, sondern überhaupt nicht vorhanden.
Zwischenfazit: auch wettbewerbsrechtlich grünes Licht.